07.05.2020
Rund sechs Wochen war die Wörrstädter Rheinhessen-Werkstatt der NRD aufgrund der Corona-Pandemie geschlossen. Ende April entschied die Landesregierung in Rheinland-Pfalz, dass die Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM) wieder öffnen können – schrittweise und unter Einhaltung vorgegebener Schutz- und Hygienemaßnahmen.
Auf diesen Tag hatten viele, die in der Rheinhessen-Werkstatt (RHW)
arbeiten, schon lange hin gefiebert: Die Wiedereröffnung nach rund sechs
Wochen Schließpause. Sie bringt zunächst zumindest einer kleinen Gruppe
der insgesamt rund 135 Beschäftigten ein Stück Normalität zurück. Seit
dem Beschluss der Landesregierung liefen die Vorbereitungen zur
Wiedereröffnung in der Rheinhessen-Werkstatt auf Hochtouren. Ein
Hygienekonzept nach Vorgaben des Ministeriums musste her und die
Räumlichkeiten an die neuen Regelungen angepasst werden. „Uns hat es
dabei geholfen, dass wir in einer Landesarbeitsgemeinschaft mit anderen
rheinland-pfälzischen Werkstätten organisiert sind“, beschreibt
Benedikt Unterhalt, technischer Leiter der Werkstatt. „Dadurch konnten
wir uns mit anderen bei dieser Aufgabe gut austauschen und nach kurzer
Zeit das Konzept mit den neuen Maßnahmen auf den Weg bringen.“
Mund-Nasen-Schutz ist Pflicht
Wer
die Rheinhessen-Werkstatt kennt, der sieht bereits am Eingang, dass
etwas anders ist als bisher. Schilder weisen darauf hin, dass das
Gebäude nur mit einem Mund-Nasen-Schutz zu betreten ist. Das gilt auch
für externe Besucher, wie zum Beispiel Lieferanten. Sie müssen sich
zusätzlich mit Name, Anschrift und Uhrzeiten ihres Besuchs in eine Liste
eintragen. Außerdem finden sich in regelmäßigen Abständen
Desinfektionsmittelspender und Hinweise zu den Hygiene- und
Abstandsregeln in Leichter Sprache.
Auch mit Blick in die verschiedenen Arbeitsbereiche wird der
Unterschied zum regulären Betrieb deutlich. Weit voneinander entfernt
sitzen die Mitarbeitenden und Beschäftigten, versehen mit den noch
ungewohnten Alltagsmasken. „Das gehört natürlich auch zu dem
Maßnahmenkatalog, den wir erarbeitet haben. Die Arbeitsplätze haben alle
mindestens einen Abstand von 1, 90 Meter und wir haben alle in Gruppen
eingeteilt, die räumlich getrennt voneinander arbeiten und auch Pause
machen“, erklärt Benedikt Unterhalt. Sollte es zu einem Covid-19 Fall
kommen, wäre es daher nicht zwingend nötig, die ganze Werkstatt wieder
zu schließen sondern dies würde nur den jeweiligen Arbeitsbereich
betreffen.
Ein weiteres Vorgehen in diesem Zusammenhang: Zunächst
können nur die Beschäftigten wieder in die Werkstatt kommen, die nicht
auch in einer Wohneinrichtung der NRD leben. „Wir wollen damit den
Wohnbereich vom Arbeitsbereich der NRD trennen“, erklärt der technische
Leiter. „Aber wir vergessen die Beschäftigten, die derzeit noch zuhause
bleiben müssen, natürlich nicht. Wir versorgen sie auch in den
Wohnverbünden mit Arbeit und einige Kolleg*innen unterstützen sie dabei
vor Ort.“ Sowohl die Arbeit in den Wohneinrichtungen als auch in der
Werkstatt findet derzeit auf freiwilliger Basis statt, werde aber mit
Begeisterung angenommen.
30 Beschäftigte zurück in der Werkstatt
Bisher
haben rund 30 Beschäftigte ihre Arbeit in der Werkstatt wieder
aufgenommen. Im weiteren Verlauf können bis zu 80 Personen unter den
aktuellen Abstandsbedingungen wieder kommen – ohne, dass mit einem
Schichtsystem gearbeitet werden muss. Das entspricht ohnehin etwa der
Zahl der Beschäftigten, die nicht in einer NRD-Einrichtung leben.
Zu den ersten Rückkehrern gehört auch Jessica Kämmerling. Wie alle, hat sie gleich nach der Ankunft am ersten Tag die neuen Regeln erklärt bekommen, die seither immer wieder besprochen werden. „Ich freue mich riesig, dass ich endlich wieder kommen darf. Zuhause fällt einem irgendwann die Decke auf den Kopf. Jetzt habe ich nachmittags wieder das gute Gefühl, richtig was geschafft zu haben“, erzählt die 20-Jährige. „Am Anfang war es zwar ungewohnt, die Maske zu tragen, aber ich habe mich schon ganz gut daran gewöhnt.“
So wie Jessica Kämmerling geht es den meisten. Aber woher kommen eigentlich die Masken, die jetzt alle tragen müssen? „Glücklicherweise hatten wie vor kurzem eine große Menge an Bettwäsche gespendet bekommen, die sich perfekt geeignet hat, um daraus die Mund-Nasen-Schutze zu nähen“, erzählt Unterhalt. Kurzerhand wurde der Stoff in den Farben der NRD gebatikt und ein passendes Schnittmuster gesucht. Mit Hilfe einer passenden Anleitung dazu haben dann viele fleißige Hände – Mitarbeiter*innen, ehemalige Kolleg*innen und Ehrenamtliche – mit dem Nähen der Masken begonnen. Inzwischen sind es schon über 300 Stück. „Damit sind wir schon ganz gut aufgestellt, aber wir möchten noch auf eine Zahl von rund 600 kommen“, so Unterhalt. Die Zahl ist ausreichend, sodass alle pro Tag dreimal den Schutz wechseln können. Das regelmäßige Waschen der Masken übernehmen dabei Mitarbeiterinnen der Werkstatt.
Umsetzung der neuen Maßnahmen klappt gut
Die
neuen Maßnahmen ziehen sich durch die ganze Werkstatt. Auch in der
Kantine ist alles etwas anders als sonst. Markierungen auf dem Boden
zeigen an, wo man lang gehen kann ohne sich gegenseitig zu nah zu kommen
und die Tische stehen so, dass die Abstandsregelungen großzügig
eingehalten sind.
Nach den ersten drei Tagen kann Benedikt Unterhalt ein positives Zwischenfazit ziehen. „Ich bin wirklich beeindruckt, wie gut alles klappt. Alle sind sehr motiviert und engagiert bei der Sache und ich bin sicher, dass wir auch die nächsten Schritte, die irgendwann kommen, gut meistern werden.“
Foto: Jessica Kämmerling montiert Gesichtsvisiere aus Plastik, die zum Schutz vor dem Corona-Virus in Alten- und Pflegeheimen eingesetzt werden.
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