Die Namen und Lebensdaten seiner Verwandten hat er auswendig im Kopf, die seines eigenen Lebens sowieso. Und auch den liturgischen Jahreskalender. Zwei Tage vor dem ersten Sonntag der Passionszeit treffen wir uns zum Gespräch: „Der nächste Sonntag ist Invocavit“, klärt mich Hans Auernhammer auf. Über 2500 Mal dürfte er den Sonntag in der Lazaruskirche der NRD in Mühltal schon mitgefeiert haben. Denn er lebt seit 50 Jahren hier.
Zwei Wochen lang wird ab Ende April das monumentale Kunstwerk „Luther 95“ von Michael Apitz in der Lazaruskirche auf dem Zentralgelände der NRD in Mühltal zu sehen sein. Im Laufe des Jubiläumsjahres 2017 „500 Jahre Reformation“ war das Kunstwerk in Wiesbaden, Bad-Homburg, Mainz, Worms, Frankfurt, Darmstadt und im Kloster Eberbach im Rheingau zu sehen und hat viele Menschen bewegt. So soll es auch in Mühltal sein. Der Aufbau des Bildes soll inklusiv vonstatten gehen.
Gabriel Römer, 29, ist einer von geschätzten 50.000 Menschen mit Down Syndrom in Deutschland. Lange Zeit wohnte er bei der NRD in Mühltal – vor kurzem ist er umgezogen und lebt nun wieder in seiner alten Heimatstadt Groß-Gerau. Wir haben ihn besucht, um aus erster Hand zu erfahren, wie sich die Regionalisierung der NRD auf sein Leben auswirkt.
Thomas Hötzel feierte im November sein 25. Dienstjubiläum bei REAL in Darmstadt. Der 56-jährige, der schon als Kind in die NRD kam, begann seine Berufslaufbahn in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfbM).
Inklusion ist Bürgerschaft. Das leuchtete mir unmittelbar ein, als ich in Zwingenberg den wöchentlich stattfindenden Mittagstisch für SeniorInnen im Bürgerhaus besuchte. Die aktiven Mitglieder des Vereins „Zwingenberger Mittagstisch“ kochen einmal die Woche in der Melibokushalle ein Mittagessen für inzwischen über 60 Senioren.
Seite an Seite wird in der Küche gearbeitet, alle helfen sich gegenseitig. Seit knapp zwei Monaten kochen die Schüler der Georg-Christoph-Lichtenberg-Schule für ihr Fach Arbeitslehre der Hauswirtschaft. Mit dabei: sechs Jugendliche mit Behinderung aus der NRD Wichernschule. Sie alle haben große Freude am gemeinsamen Kochen und Essen.
Kahle Einrichtung, nackte Wände, wenige persönliche Dinge – besonders einladend sind die Hotelzimmer, in denen Jugendliche aus Afghanistan, Eritrea, Somalia, Kamerun und Syrien untergebracht sind, nicht. Aber darauf kommt es auch nicht an, denn es ist nur eine vorübergehende Lösung. An verschiedenen Standorten werden sie als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (umF) von der NRD Orbishöhe betreut und bei ihren persönlichen Zielen unterstützt.
In der NRD-Verwaltung werden seit letztem Jahr alle Eingangsrechnungen digital erfasst. Der damalige Leiter des Rechnungswesens, Thomas Schwarz, nutzte die Gelegenheit, mit der Einrichtung eines neuen Arbeitsbereiches Arbeitsplätze für Menschen mit Beeinträchtigung zu schaffen. In "Betriebsintegrierten Beschäftigungsverhältnissen (BiB)" konnten drei Beschäftigte der Mühltal-Werkstatt in die Verwaltung wechseln.
Jetzt hab‘ ich viel weniger Wut. Und auch weniger Depression. Es war gut, dass ich da war.“ So bedankte sich Raffaele Stauch Ende Februar telefonisch für die zwei Tage in Nieder-Ramstadt. In diesem Moment war er schon fast wieder zu Hause in Bozen, wo er seit über 30 Jahren lebt und arbeitet. Mehr als 15 Jahre seines Lebens hat er in Heimen verbracht, sechs davon in den damaligen Nieder-Ramstädter Heimen. 1982 ging er weg, um frei zu sein.
Wollen Sie im Lauf von 20 Jahren mit hundert oder mehr Menschen zu tun haben, die Ihnen sagen, was Sie dürfen und was nicht? Wollen Sie als erwachsener Mensch Vorschriften darüber gemacht bekommen, wie ordentlich Ihr Schlafzimmer aussehen soll, wann und wieviel Sie essen dürfen? Wollen Sie im Alter von über 30 Jahren lernen, dass Sie beim Duschen drei verschiedene Waschlappen benutzen müssen, um Ihren Körper „richtig“ zu reinigen? Wenn Sie in einem Heim lebten, wäre all das normal.
Clowns sind unterwegs – und sie verraten nichts. Der Prozess der Leitbildentwicklung in der NRD geht in die nächste Phase.Die bestürzenden Einblicke in drei Einrichtungen der Behindertenhilfe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen sollten uns befeuern, intensiv am neuen Leitbild der NRD mitzuarbeiten. Nicht das Ergebnis das am Ende herauskommt, ist dabei das Entscheidende, sondern der inklusive Prozess, in dem das Leitbild entsteht. Clowns helfen uns dabei.
Jeder Mensch stellt sich im Laufe seines Lebens die Frage nach dem Sinn. Wofür stehe ich? Wozu bin ich da? Es tut gut, Antworten darauf zu finden. Diese Fragen stellen sich nicht nur in Bezug auf das eigene Leben. Auch dort, wo Menschen zusammen leben und arbeiten, prüfen sie, ob sie gemeinsam das Richtige tun. So in der NRD. Die NRD erfüllt einen gesellschaftlichen Auftrag. Wo steht sie, wo will sie hin? Diese Fragen beschäftigen derzeit Mitarbeitende und Klienten in der NRD. Ziel ist ein neues und gemeinsames, ein inklusives Leitbild.
Wenn man verliebt ist, wird das Herz ganz rot“. Was für ein genialer Satz! Aufgeschrieben von Lucas Krebs im gleichnamigen Band einer vierbändigen Sammlung mit literarischen Texten von Menschen mit Behinderung aus dem gesamten deutschsprachigen Raum. Wissen Sie von Menschen mit Behinderung, die gern schreiben oder Lust haben, es einfach mal zu versuchen? Machen Sie ihnen Mut, Wortfinder zu werden!
Uwe Jung, 49, ist Elektrotechniker und Hobbyschriftsteller und seit kurzem ehrenamtlich im NRD-Wohnverbund Jugenheim tätig. In der folgenden Geschichte berichtet er von seinen Erfahrungen im Ehrenamt.
Der Wohnverbund Groß-Bieberau ist einer der ersten regionalen Wohnangebote der NRD. In diesem Sommer bestand er 10 Jahre. Das wurde gebührend gefeiert. Sebastian Knaut, Redakteur der Zeitung "Schau Dich Schlau" und Bewohner in Groß-Bieberau, berichtet.
Wenn ich selbst hätte bestimmen können, wie mein Leben sein soll, wäre mein erster Wunsch gewesen, in einer ganz normalen Familie aufzuwachsen. Ich werde nächstes Jahr 50 und wurde als Baby in den Heimen abgesetzt. Irgendjemand, wahrscheinlich meine Mutter, hat mich vor dem Kinderhaus Eben-Ezer abgelegt und ist weggegangen.
Alles fing mit dem Arbeitsplatzwechsel meiner Frau in die NRD nach Mörfelden an. Eines Tages, im Jahr 2007, fragte sie mich „Kannst Du Dir vorstellen als Ehrenamtlicher in Mörfelden mitzuhelfen?“ Meine Vorstellungen – „gleich null“, da ich mir bis dahin keine Gedanken über das Wirken und die Arbeit der NRD gemacht habe.
Ottmar Jäger lebte über 40 Jahre im stationären Wohnen in der NRD in Mühltal. Im Alter von 55 Jahren entschied er sich vor vier Jahren, in eine eigene Wohnung zu ziehen. Isabell Ehinger, damals Betreuerin der NRD, führte mit Ottmar Jäger ein Gespräch über Gründe, Ziele und Erfahrungen seines Wegs in die Selbstständigkeit.
Mehr als zehn Prozent der deutschen Bevölkerung sind schwerbehindert - 7,5 Millionen Menschen. Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) soll ihnen u.a. durch verbesserte Beratung zu mehr Rechten verhelfen. Die Meinungen und Wünsche von Menschen mit Behinderung sollen die Planung und Umsetzung der jeweils notwendigen Unterstützung stärker bestimmen. So sollen sie besser wählen können, wo und wie sie leben. Sie sollen Geld ansparen können, Barrieren sollen abgebaut, die Mitwirkungsmöglichkeiten sollen gestärkt werden. Zurzeit ist der Gesetzentwurf, der im Bundesministerium für Arbeit und Soziales erarbeitet wurde, in der Beratung. Im Herbst soll das Gesetz verabschiedet werden, im Januar 2017 soll es in Kraft treten.
Mit dem Beschluss des Stiftungsrates, alle Wohnangebote der NRD zu regionalisieren, hat der NRD-Vorstand im Jahr 2005 eine Vision für die zukünftige Entwicklung des NRD-Geländes in Nieder-Ramstadt formuliert: Das Gelände im Herzen Mühltals solle sich zu einem Quartier entwickeln, in dem Menschen jeden Alters mit und ohne Behinderung leben, arbeiten, einkaufen und ein gutes Miteinander pflegen. Mit der neuen Bebauung des Fliednerplatzes ist der Mittelpunkt dieses Quartiers nun geschaffen worden.
Menschen mit Behinderung brauchen Ihre Hilfe!
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