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"Vorne der liebe Gott, hinten der Kasper"

14.05.2018 | Marlene Broeckers

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Marlene Broeckers

Texterin der NRD

"Vorne der liebe Gott, hinten der Kasper"

Die Lazaruskirche war schon immer etwas Besonderes. Schon der Zeitpunkt ihres Entstehens zu Beginn der Zeit des Nationalsozialismus ist bemerkenswert: Sie ist neben der Luther-Kirche in Offenbach-Bieber die einzige Kirche, die im einstigen Volksstaat Hessen damals gebaut werden konnte.

Schon lange war es der damaligen Anstaltsleitung ein dringendes Anliegen gewesen, einen eigenen Betsaal oder eine Kapelle für die wachsende Zahl von Menschen zu haben, die in der damaligen Anstalt lebten. Bereits 1925 wurde ein Baufond gegründet, um Geld für die Kapelle zu sammeln. Ab 1928 erschien viermal im Jahr der “Kinderbote aus Nieder- Ramstadt“, der in Kindergottesdiensten, im Konfirmanden- und Religionsunterricht weiträumig und in großer Auflage bis zu 17.000 Exemplaren verteilt wurde. Der „Kinderbote“ informierte über die Arbeit der Anstalt und bat um Spenden für den Bau der Kapelle. So haben Kinder aus Hessen und Rheinhessen mit Pfennigbeiträgen viel zum Bau beigetragen, dessen Gesamtkosten rund 60.000 Reichsmark betrugen.

Heimbewohner bauten mit

Neben den Handwerkern der Heime und Betrieben aus der Umgebung wirkten auch Arbeitsgruppen von Bewohnern beim Bau mit und übernahmen viele Hilfsarbeiten. Die bauliche Planung folgte der Vorgabe, dass sich die Kapelle der Ortskirche unterordnet und sich nicht nur für Gottesdienste eignet, sondern auch für Feste und Feiern. So kam es, dass – wie es ein Bewohner formulierte – schon immer „vorne der liebe Gott und hinten der Kasper zuhause“ war. Die Kirchenbänke wurden 1974 durch flexible Stapelstühle ersetzt, die man zum Altarraum oder zur Theaterbühne hin ausrichten – oder auch ganz wegräumen konnte.

Die Freude über die neue Kirche währte nur kurz. Der Zweite Weltkrieges änderte alles. Schon ab 1938 wurden die Bewohner in staatliche Anstalten verlegt und fast alle ermordet. 1941 übernahm der NS-Staat die Leitung der Einrichtung und das Gotteshaus diente bis zum Kriegsende als Abstellraum.

Vielfalt und Einheit

Erst Anfang der 1950er-Jahre stand die Kirche wieder ganz für Gottesdienste zur Verfügung. 1961, im 25. Jahr ihres Bestehens, erhielt sie den Namen „Lazaruskirche“, 1962 wurde die Lazarusgemeinde selbstständig. „Vielfalt und Einheit“ bestimmten in den folgenden Jahrzehnten das Gemeindeleben, wie in der kleinen Festschrift zum 50-jährigen Bestehen der Lazarzuskirche nachzulesen ist. Menschen mit Behinderung spielten Theater und musizierten unter Leitung von Diakon Hermann Bollmann, sie gestalteten aber an besonderen Festtagen auch die Gottesdienste mit den Mitarbeitern gemeinsam. „Vielfalt und Einheit“ sind übrigens keine schlechte Übersetzung für das schwierige Fremdwort „Inklusion“, die es in der Lazaruskirche schon lange gibt.

Häufig wird die Kirche inzwischen auch für größere Veranstaltungen der NRD genutzt. Die jährliche Ehrung von Mitarbeitenden mit einem „runden“ Dienstjubiläum findet dort statt, neue Mitarbeitende kommen zum Einführungstag hierher; etliche Fachtage werden hier veranstaltet, für den ersten inklusiven Gesundheitstag wurde die Kirche genutzt und in diesem Jahr fanden auch die Fastnachtsfeiern der Mühltal- und der Dieburger Werkstätten hier statt. Das Dekanat Darmstadt-Land führt Veranstaltungen durch und die inklusive Theatergruppe des Dekanats probt und spielt auf der Lazarus-Bühne.

Etwas Besonderes sind auch die fünf Kirchenfenster an der östlichen Längsseite: Sie wurden zwischen 1986 und 1989 von dem holländischen Künstler Kees de Kort gestaltet, der als Illustrator von Kinderbibeln bekannt ist.

Geschätzt, aber noch nicht ausreichend genutzt, ist die Lazaruskiche auch aufgrund ihrer guten akustischen Qualität. Der Jazzmusiker Stefan Völker aus Rüsselsheim kommt mit verschiedenen Ensembles seit Jahren regelmäßig zu Konzerten hierher und erinnert sich dabei regelmäßig an seinen Plan, in der Lazaruskirche eine CD aufzunehmen. Für Konzerte können auch der Flügel und die Orgel genutzt werden. 

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  • Inklusion ...

    ... heißt für mich Integration von Menschen nicht nur ins Arbeitsleben, sondern in das gesellschaftliche Leben insgesamt. Vorangetrieben wird diese Entwicklung, wenn Menschen mit Behinderung möglichst überall sichtbar werden. 

    Inklusion ...
    Sonja Hauke,
    Personalleitung Caparol, Ober-Ramstadt
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