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„Echt schade, dass hier zugemacht wird“

26.06.2019 | Marlene Broeckers

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Marlene Broeckers

Texterin der NRD

„Echt schade, dass hier zugemacht wird“

Heike Schuhmacher, 48, ist Stammkundin beim „Nahkauf“ in der Eberstädter Straße in Nieder-Ramstadt. Dass der Laden Ende Juni geschlossen wird, wie ein großer Aushang im Schaufester mitteilt, bekümmert sie. Heike Schuhmacher wohnt in der NRD, im Haus Wichernstraße 3, direkt neben dem Kreisel, der Bergstraße und Stiftstraße verbindet. Vormittags arbeitet sie in der Mühltal-Werkstatt, nachmittags schiebt sie ihren Rollator zum „Nahkauf“, wo sie oft für die gesamte Wohngemeinschaft in ihrem Haus den Einkauf erledigt. „Echt schade, dass hier zugemacht wird“, findet sie. Denn im „Nahkauf“ trifft sie viele Bekannte.

„Warum wird denn zugemacht?“, will auch Melissa Fuchs wissen, die ebenfalls auf dem NRD-Gelände in nächster Nähe wohnt. Offenbar macht der Laden zu wenig Umsatz, um weiterhin tragbar zu sein. Mit einigen weiteren Kunden stehen Heike Schuhmacher und Melissa Fuchs am Mittwochvormittag vor dem Laden, dessen Regale schon viele Leerstellen aufweisen, und geben Presseauskunft. Sabine Eisenmann, beim Darmstädter Echo zuständige Redakteurin für Mühltal, fragt nach: Wie viel kaufen Sie denn hier ein? Der große REWE-Markt, Aldi und Lidl sind nur einen Kilometer entfernt – können Sie nicht genauso gut dort einkaufen?

„Nein, eben nicht“, erklären die meisten der anwesenden  älteren Kund*innen.  „Den Weg an die Rheinstraße würde ich schon schaffen“, sagt Hermann Bollmann, 81, der knapp 100 Schritte vom „Nahkauf“ entfernt wohnt, „aber mit vollen Einkaufstaschen zurück – das packe ich nicht.“ Dasselbe sagt eine 77-jährige Dame, die am Pfaffenberg wohnt. „Ich hoffe auf dem Rückweg immer, dass mich Bekannte im Auto mitnehmen“, sagt sie, „ich kann nicht mehr viel tragen.“

Einmal die Woche Großeinkauf mit dem Auto machen – genau das können die Senior*innen nicht, die hier zusammen stehen und die größtenteils auch gar kein Auto mehr besitzen. Im hohen Alter passt es ihnen besser, alle zwei, drei Tage loszugehen und ihren Bedarf zu decken, weil sie nur noch kleine Mengen tragen können. Deshalb ist die fußläufige Einkaufsmöglichkeit wichtig für sie. Und sie sind froh, in Nieder-Ramstadt noch zwei Bäckereien, zwei Metzgereien und den Bauernladen zu haben und ohne fremde Hilfe einkaufen können.

Die Wohngemeinschaften der NRD, die noch in Nieder-Ramstadt sind, machen den wöchentlichen Großeinkauf mit dem Auto in den großen Supermärkten an der Rheinstraße. Es sind eher einzelne Personen, die für den individuellen Bedarf zum „Nahkauf“ gehen. Aber auch eine Gruppe von Schüler*innen der NRD-Wichernschule kommt regelmäßig zum Einkaufen her, um alle Produkte zu holen, die sie im wöchentlichen „Café WIS“ anbieten wollen. „Es ist eine wichtige lebenspraktische Übung für die Schüler*innen“, sagt Konrektorin Silke Boysen, „aber es geht auch darum, dass der Laden ein Begegnungsort ist. Man ist dort bekannt, man wird freundlich und verständnisvoll bedient.“

Wer den „Nahkauf“ öfter besucht hat, konnte dies miterleben: Niemand wurde ungeduldig, wenn ein NRD’ler umständlich langsam nach passendem Kleingeld suchte. Und die Kassiererin passte auch willig auf die fünf Bananen auf, die ein nicht sprechender Kunde sich ausgesucht hatte und ihr überreichte, damit er in Ruhe weiter einkaufen konnte.

Dass man sich kennt und versteht, wissen auch die Gruppen aus den Tagesstätten der Mühltal-Werkstatt am „Nahkauf“ zu schätzen. Wenn Kochen auf dem Programm steht, ziehen sie mit dem Bollerwagen zum Laden und besorgen alles, was sie zum Mittagessen brauchen. Einer der Großmärkte an der Rheinstraße wäre für sie keine passende Alternative. Die Läden sind für bestimmte Menschen zu groß, zu laut und viel zu anonym, als dass sie sich dort zurechtfinden würden.

Auch Niels Starke, Ortsvorsteher in Nieder-Ramstadt, ist zum Gespräch mit der Presse gekommen. „Es gibt Andeutungen, dass es auch in Zukunft einen ‚Nahkauf‘ hier geben wird“, sagt er. Die Gemeinde Mühltal werde sich bemühen, die Einkaufsmöglichkeit an der Eberstädter Straße zu sichern. Laut Auskunft auf der Website stellt die REWE-Group mit 420 „Nahkauf“-Märkten in Deutschland in vielen kleinen Kommunen die Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs sicher. Betrieben werden die Läden ausschließlich von selbstständigen Kaufleuten. Mit dem „Nahkauf“-Angebot will REWE auch einen gesellschaftlichen Beitrag leisten. Voraussetzung für eine die Zusammenarbeit sei neben Kundennähe auch der Umsatz. An der Kundennähe hat es Maria Schenk und ihrem Team nicht gefehlt.

Unser Bild zeigt Sabine Eisenmann vom Darmstädter Echo im Gespräch mit Stammkund*innen vor dem "Nahkauf" Nieder-Ramstadt. Links neben ihr Niels Starke, Ortsvorsteher in Nieder-Ramstadt.


 


Ältere Bürger*innen aus Nieder-Ramstadt, wie die Dame rechts, sind beim Einkauf auf kurze Wege angewiesen.
Ältere Bürger*innen aus Nieder-Ramstadt, wie die Dame rechts, sind beim Einkauf auf kurze Wege angewiesen.

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