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Gesucht und gefunden: Passendes Wohnangebot für zwei Freundinnen

27.04.2018 | Marlene Broeckers

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Marlene Broeckers

Texterin der NRD

Gesucht und gefunden: Passendes Wohnangebot für zwei Freundinnen

Seit drei Monaten leben Alice Koch und Rita Ickes in einer „richtigen Wohnung“. Nochmal ganz anders als in Pfungstadt, wo die beiden Freundinnen im Haus Wormser Straße 3 einen abgetrennten Bereich für sich hatten. Jetzt, in Groß-Zimmern aber, in dem L-förmigen Neubau in der Ketteler Straße, mit richtiger Wohnungstür und eigener Klingel, fühlt sich das ganz anders an. „Hier gefällt es uns, hier wollen wir bleiben“, sagen beide.

Bevor sie ihren Besuch einlässt, schaut Rita Ickes zuerst einmal über die Brüstung im Laubengang im 2.Stock. Die Rollstuhlfahrerin zieht sich am Geländer hoch und erklärt: „Einfach mit dem Aufzug in den 2. Stock fahren.“

Die Wohnung der beiden Frauen ist geräumig und hell, die Nachmittagssonne scheint in den Wohnbereich mit Küchenzeile und auch in die beiden Zimmer der Frauen. „Wir haben ein sehr schönes Bad, guck mal rein“ sagt Alice Koch. Wunderbar, Rita kann mit dem Rollstuhl vor das Waschbecken und auch in die Dusche. Sehr praktisch ist auch der kleine Raum links vor dem Bad, wo Waschmaschine und Trockner aufeinander stehen. „Um die Wäsche kümmern wir uns ganz alleine“, erklärt Rita, die in der Mühltalwerkstatt in Nieder-Ramstadt in der Textilverarbeitung tätig ist. Im großen Wohnraum sind schon zwei Wäscheständer für Alices Wäsche aufgespannt. Sie wird am Wochenende bei ihren Eltern in Otzberg sein, da kann die Wäsche dort ruhig hängen. Rita stört das nicht.

Um ihre Wäsche kümmern sich die Freundinnen selbst
Um ihre Wäsche kümmern sich die Freundinnen selbst

Wir sitzen am Wohnzimmertisch und schauen uns um. Die Einrichtung gefällt den beiden. Alles neu und schön, wenn auch nicht von ihnen selbst ausgesucht. Denn die Wohneinheit war fertig, bevor die beiden sich zum Umzug entschlossen hatten. Schon länger hatten Rita Ickes und Alice Koch nach einem anderen Wohnangebot der NRD Ausschau gehalten. In Pfungstadt, wo sie 2013 einzogen waren, gefiel es ihnen nicht mehr: „Ich sag‘s ehrlich, dort waren zu viele alte Leute im Haus“, so erklärt Alice Koch ein Motiv für ihren Umzugswunsch.

Herausfinden, was passt

Die NRD-Wohnberatung lud die beiden Frauen im Sommer 2017 ein, sich das 2015 eröffnete Wohnangebot in Offenbach anzuschauen. Die abgeschlossenen Wohnungen verschiedener Größe, verteilt in dem großen Haus, haben ihnen gut gefallen. Auch den Supermarkt im Erdgeschoss fanden sie toll – aber schnell war beiden klar: Ihren Arbeitsplatz in der Mühltal-Werkstatt wollen sie nicht aufgeben. So kam der Neubau in Groß-Zimmern ins Gespräch, in den viele Menschen aus den alten Wohnhäusern Auf der Leer in Dieburg eingezogen sind. Und es hat geklappt, es war noch eine passende Wohnung für die beiden Freundinnen frei.

Seit 2006 sind sie befreundet. Sie haben sich in der Wohngruppe 3 der Pulvermühle in Nieder-Ramstadt kennengelernt. Der Altersunterschied von genau 30 Jahren hat sie noch nie gestört: „Ich drehe Ritas Zahlen einfach um, dann ist sie 36“, sagt die 33 Jahre alte Alice und lacht. Rita wirkt ja auch gar nicht alt. Sie färbt ihre langen Haare hellrot und kann ihren Willen sehr energisch durchsetzen. Vor allem ist sie bestrebt, alles selbst zu machen, was sie nur kann, auch wenn es ihr schwerfällt. „Wir gehen oft zu Fuß die Treppe hoch, wenigstens ein Stockwerk“, erklärt Rita. Sie kann sich aus ihrem Rollstuhl hochziehen, muss sich dann aber gut festhalten, damit sie nicht fällt. So kann sie sich am Treppengeländer zwei Treppen hochziehen. „Den Rollstuhl schicken wir im Aufzug in den 1. Stock, da hole ich ihn dann für Rita“, erklärt Alice. Auch sie ist sicher, dass sie das Training gut gebrauchen kann.

Die Frauen haben die Innenstadt von Groß-Zimmern schon ein bisschen erkundet. Sie wohnen ja auch mittendrin. Das NRD-Wohnprojekt, das man von außen als solches nicht erkennt, liegt direkt gegenüber der katholischen Bartholomäuskirche. Nur ein paar Schritte und man gelangt auf die Hauptstraße, wo es viele Geschäfte und Lokale gibt, nur zehn Gehminuten entfernt auch einen Supermarkt. Dort gehen die beiden montagsnachmittags einkaufen, manchmal in Begleitung einer Mitarbeiterin, manchmal auch schon alleine.

Assistenz nach Bedarf 

Teamleiter Marcus Klatt mit seinem Kolleginnen
Teamleiter Marcus Klatt mit seinem Kolleginnen

Apropos Mitarbeiter - wo sind die denn eigentlich? Unten im Erdgeschoss, im kurzen Arm des L-Flügels, befindet sich das Büro des Teams und zugleich auch der Gemeinschaftsraum für die 17-Personen-Wohneinheit. Und wie nimmt man Kontakt auf? „Wir gehen einfach runter oder sie kommen hoch zu uns“, erklärt Alice. Sie braucht vor allem Assistenz bei Arztbesuchen, beim Anziehen ihrer Oberbekleidung, beim Duschen. Zum Duschen braucht Rita ebenfalls Unterstützung. „Und kochen tun wir nicht selbst, der Strom für den Herd ist abgesperrt, das kann man auch ändern. Bis jetzt machen wir nur Salate selbst und die Brote natürlich“, erklärt Alice. Sie hilft Rita beim Schneiden, Rita hilft ihr dabei, die Matratze mit dem Spannbetttuch zu beziehen. Unterstützung nehmen die beiden auch in der Freizeit in Anspruch: „Wir besuchen immer die Schatzkisten-Partys und wir gehen zum Tanzen bei der Lebenshilfe Dieburg“, sagt Rita. „Mal sehen, was sich sonst noch so ergibt“, ergänzt Alice, die zuhause Keyboard spielt.

Sie hat schon alles bereitgestellt, um das Wochenende in Otzberg zu verbringen. Alices Tabletten für die nächsten Tage hat Vera Schaller soeben gebracht. Wir gehen gemeinsam nach unten, denn Alices Mutter ist schon eingetroffen und nutzt die Gelegenheit, sich mit dem Teamleiter Marcus Klatt zu unterhalten.  

Alice Koch ist startklar für das Wochenende
Alice Koch ist startklar für das Wochenende

„Es läuft gut hier“, erklärt der Heilerziehungspfleger Klatt, der in der NRD angefangen hat, um genau diesen Job zu übernehmen. Wie etliche andere des 15-köpfigen Teams, die ebenfalls neu sind, hat ihn das Konzept der aufsuchenden Assistenz gereizt, nach dem hier gearbeitet wird. „Das klappt gut, wir sind meistens zu dritt im Dienst. Es fördert die Selbstständigkeit der Bewohner*innen“, sagt er. Als „alter Hase“ interessierte sich auch die Sozialpädagogin Eva Krestel für diese Form von Assistenz. Sie war vorher 28 Jahre im Wohnverbund Auf der Leer in Dieburg und leitete dort ein Team. Jetzt lernt sie um, genau wie die Bewohner*innen auch. „Es ist schon anders“, sagt sie, „vorher hatte man alle irgendwie im Blick, jetzt nicht mehr. Und wir laufen natürlich auch viel mehr“. Den Dieburgern fällt die Umstellung auf die eigene Wohnung schwer, wie sie feststellt: „Sie sitzen oft in der Wohnung und wissen nicht, was sie tun sollen.“ Es wird dauern, bis alle sich daran gewöhnt haben, selbst aktiv zu werden, wenn sie etwas tun oder erleben möchten. So spielt der Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss mit großer Terrasse noch eine wichtige Rolle. Hier kann man am Wochenende zum Kochen und Essen zusammenkommen, hier werden Geburtstage und Fasching gefeiert.

Auch Vera Schaller, Erzieherin im Anerkennungsjahr, mag es, wie in Groß-Zimmern gearbeitet wird. Sie war schon in Dieburg dabei, als der Umzug vorbereitet wurde, und hat sich unter anderem um die Einrichtung der Wohnungen gekümmert. „Gern bleibe ich hier, wenn ich fertig bin“, sagt sie, „wäre schön, wenn das klappt.“

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