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Gut, dass alles vorbei ist

05.08.2015 |  Gastautor

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Gut, dass alles vorbei ist

Mit dem Buch „Aussortiert. Leben außerhalb der Gesellschaft“ legt die Stiftung Nieder Ramstädter Diakonie etwas Außergewöhnliches vor. Bewohnerinnen und Bewohner und auch frühere Mitarbeiter erzählen vom Leben in den Nieder Ramstädter Heimen nach 1945. Das ist viel mehr als sentimentale Erinnerung.  Ein Beitrag des Offenbacher Journalisten Andreas Winkel.

Bedroht, eingesperrt, genötigt und an Körper und Seele verletzt. Hunderte mussten jahrzehntelang solche Grausamkeiten über sich ergehen lassen. Das hat nicht irgendwo in der weiten Welt stattgefunden, in irgendeinem „unkultivierten“ Dritte Welt Land, sondern hier, direkt unter uns. In der Nachkriegszeit wurden Menschen mit einer Behinderung wie Menschen zweiter Klasse behandelt. In Nieder Ramstadt, in den „Heimen“. Das waren Häuser, aber nur für die wenigsten war es auch ein Heim, ein Zuhause.

Jetzt konnten viele Menschen erzählen, wie sie diese dunklen Jahrzehnte erlebt haben. Endlich hat sich jemand für ihre Lebensumstände interessiert, endlich war es wichtig, was sie durchgemacht hatten. Sie schildern ihre Erlebnisse so lebendig, als wären sie erst vor kurzem passiert. Die Bilder haben sich tief in der Erinnerung eingenistet. Nun werden die Geschichten erzählt, und wir können uns ein Bild machen von so vielen menschenunwürdigen Lebensverhältnissen. Wären da nur Armut und Hunger, könnte man das ja noch verstehen. Am schlimmsten liest sich aber, wie rücksichtslos und menschenverachtend Menschen behandelt wurden, die eigentlich Schutz, Fürsorge und Unterstützung gebraucht hätten.

Es ist höchste Zeit, dass die Geschichten dieser Menschen erzählt und aufgeschrieben werden. Und es lohnt sich, diese Geschichten zu lesen. Vielleicht ist es der Nieder Ramstädter Diakonie nicht leicht gefallen, diese dunkle Geschichte ans Tageslicht zu holen. Die Arbeit hat sich gelohnt. Wer dieses Buch liest, den lässt es nicht kalt. Zu viele traurige Erlebnisse berichten die früheren Bewohner. Von Bitterkeit ist aber wenig zu spüren. Einfach nur Erleichterung, dass das alles vorbei ist, und dass heute ein besseres Leben möglich ist.

Foto: Andreas Winkel, hier als Moderator des Inklusionslaufs 2015 am 11. April 2015 in Mainz
Foto: Andreas Winkel, hier als Moderator des Inklusionslaufs 2015 am 11. April 2015 in Mainz

1  Kommentar

  • Pia Schmidt
    18.08.2015 12:17 Uhr

    Als ehemalige Mitarbeiterin der Nieder-Ramstädter Diakonie hole ich das Buch "Aussortiert. Leben außerhalb der Gesellschaft" regelmäßig aus meiner Tasche, wenn ich angehende Erzieher_innen und Heilpädagog_innen am Evangelischen Fröbelseminar in Kassel unterrichte. Lese ich die Berichte und Erzählungen von Bewohner_innen und Mitarbeiter_innen vor, dann werden der Klasse und mir tiefe, emotionale Momente geschenkt. Uns wird vor Augen geführt, was war, wie es heute ist und was vielleicht noch sein kann. Manchmal gibt es Tränen des Lachens und auch traurige Tränen, weil wir durch die Worte tief betroffen sind. Dieses Buch erreicht meine Schüler_innen und mich immer wieder - ein bewunderndes Dankeschön hierfür.
    Pia Schmidt

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  • Inklusion...

    ... heißt für mich, dass alle teilhaben. Es muss nicht immer alles perfekt sein, damit behinderte Menschen teilhaben können. Statt einer Super-Rampe tut es auch ein Stück Sperrholz. Und wenn das auch fehlt, kann man mich auch gerne mal über die Schulter werfen und irgendwo hinein tragen.

    Inklusion...
    Tobias Koch
Stiftung Nieder-Ramstädter Diakonie

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