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„Jeder von uns ist für alles zuständig“

31.03.2021 | Marlene Broeckers

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Marlene Broeckers

Texterin der NRD

 „Jeder von uns ist für alles zuständig“

Pflegeheime sind durch die Corona-Pandemie stärker als je zuvor in den öffentlichen Blick gerückt. Angst vor Infektionen in stationären Einrichtungen und Sorge um die Einsamkeit der Älteren im Lockdown prägten die Nachrichten und Inhalte in den sozialen Medien. 9.000 Pflegekräfte haben 2020 ihren Job gekündigt. Trotz alledem sind die Mitarbeitenden im Haus am Fliednerplatz in Nieder-Ramstadt engagiert bei der Arbeit. Das Haus der NRD Altenhilfe in Mühltal gehört zu den wenigen Pflege-Einrichtungen im Landkreis Darmstadt-Dieburg, die die Pandemie bislang ohne Infektion überstanden haben. Und die Demenz-Gemeinschaft in der kleinen Einrichtung mit 48 Plätzen ist besonderer Beachtung wert.

Die NRD-Altenhilfe, das einzige stationäre Pflegeangebot in Mühltal, wurde unter zeitgemäßen Aspekten konzipiert. Neben den vier Hausgemeinschaften mit je 12 Pflegeplätzen und Angeboten der Kurzzeitpflege hat im Haus am Fliednerplatz auch die ambulante Diakoniestation ihren Sitz. Außerdem gibt es die Tagespflege mit zwölf Plätzen. Und unterm Dach am Fliednerweg 3 befinden sich sieben sogenannte Service-Wohnungen, in denen sich Mieter selbst versorgen, aber um sonst nichts kümmern müssen. „Das fand ich ideal für mich“, sagt Gertrud Weißer, die seit 2015 in einer der Service-Wohnungen lebt. „Mein Mann wurde 2010 pflegebedürftig und war zunächst in einem Darmstädter Pflegeheim. 2013 wurde das Haus am Fliednerplatz eröffnet und er hat hier einen Platz bekommen, zwei Jahre später gab ich unser Haus in Trautheim auf und bin hier eingezogen.“ Bis zu seinem Tod 2018 konnte Gertud Weißer, 85, ihrem Mann nah sein. Und jetzt fühlt sie sich nicht allein. Sie kennt viele Menschen im Haus und weiß, dass im Bedarfsfall Unterstützung nah ist. Zwei ihrer Nachbarinnen, die nicht mehr alleine zurechtkamen, sind kürzlich in die stationäre Pflege umgezogen.

Keine Frage, die NRD Altenhilfe ist ein wertvolles Angebot im Quartier rund um den Fliednerplatz, in dessen unmittelbarer Nähe sich jetzt das neue Wohngebiet Dornberg entwickelt. Für viele ältere Paare und Alleinstehende aus Mühltal und Umgebung war die Altenhilfe das Motiv, in eine der 46 barrierearmen Mietwohnungen am Fliednerplatz einzuziehen, die Ende 2015 bezugsfertig waren.

Von Anfang an wurde die Arbeit im Haus am Fliednerplatz am sogenannten Hausgemeinschaftsmodell ausgerichtet. Das Konzept zielt darauf ab, dass sich die Bewohner*innen möglichst zuhause fühlen. Die Einzelzimmer können mit eigenen Möbeln ausgestattet werden, Angehörige sind jederzeit willkommen. Jede der Gruppen teilt sich einen Gemeinschaftsbereich mit Zugang zum Garten oder Balkonen und mit offener Küche, in der täglich frisch gekocht wird. Das Mittagessen richtet sich nach den Wünschen der Hausgäste und wer will, kann gerne bei der Zubereitung helfen.

Sicherheit für Menschen mit Demenz

Die Hausgemeinschaft 2 arbeitet seit 2019 nach einem speziellen Konzept für Menschen mit Demenz. Die zehn Frauen und zwei Männer zwischen 65 und 98, die hier leben, haben unterschiedlichen Pflegebedarf, aber alle sind dement. Zwölf Mitarbeitende bilden das feste Team unter Leitung der Altenpflegerin Nicole Leß. „Jeder von uns macht hier alles“, so bringt die Teamleiterin die Besonderheit auf den Punkt: „Wer gerade da ist, ist zuständiger Ansprechpartner für die Bewohner*innen. Das bietet Menschen mit Demenz die notwendige Sicherheit.“

Anders als in den anderen Gemeinschaften des Hauses orientiert sich der Einsatz der Mitarbeitenden in der Demenzgruppe nicht an ihrem Beruf oder ihrer Stellenbeschreibung. Hauswirtschaft, Pflege und Alltagsbetreuung werden nicht getrennt wahrgenommen, sondern alle notwendigen Aufgaben werden von allen ausgeführt, abgesehen von Behandlungspflege, die in den Händen einer Fachkraft liegen muss.

Heute ist Jutta Labus-Balke fürs Mittagessen zuständig. Als Vorspeise wird es Nudelsuppe geben, danach Kartoffelpuffer mit Apfelmus. Jutta Labus-Balke hat 2015 als Mitarbeiterin der Hauswirtschaft im Haus am Fliednerplatz begonnen und hat sich in der Demenzgruppe zur Pflegehelferin weitergebildet. Stefanos Pavlidis, 20, geht ihr in der offenen Küche zur Hand und schaut gleichzeitig nach den Bewohnerinnen, die im Gemeinschaftsbereich am großen Tisch zusammensitzen. Eine Dame legt Wäsche zusammen, eine andere befasst sich mit einem Brettspiel. Pavlidis stammt aus Griechenland und hat dort eine Ausbildung als Pflegehelfer gemacht. Über eine Zeitarbeitsfirma kam er im Oktober 2020 ins Haus am Fliednerplatz und lernte die Demenz-Hausgemeinschaft kennen. „Es gefiel mir hier so gut, dass ich mich beworben habe“, sagt er, „ich bin seit dem 1. März hier fest angestellt und möchte mich auch weiterbilden.“

NRD Altenhilfe

Einkaufen, Kochen, Wäsche waschen, Körperpflege, Freizeitgestaltung, Balkonblumen pflanzen – alle diese Tätigkeiten werden von den Mitarbeitenden wahrgenommen, die gerade im Dienst sind, seien es Fachkräfte, Pflegehelfer oder Hilfskräfte. Nicht alle können alles gleich gut, aber jede*r kann von den anderen lernen. „Das funktioniert so gut, dass wir praktisch keine Fluktuation haben“, sagt Nicole Leß. „Wir sind ein stabiles Team. Wenn jemand ausfällt oder im Urlaub ist, stockt eine andere zeitweise auf, denn viele arbeiten in Teilzeit.“

Geschäftsführerin Elke Wüllenweber-Klein ist begeistert von dieser Entwicklung. „Dieses autonome Arbeiten entspricht dem Hausgemeinschaftsmodell in seiner Reinform. Ich werbe dafür, dass auch die anderen drei Hausgemeinschaften dieses Konzept übernehmen. Aber man kann das nicht aufzwingen. Die Mitarbeitenden müssen es wollen.“ Auch die Angehörigen sind mit dem Konzept der Demenz-Gemeinschaft sehr zufrieden. „Meine Mutter, 92, ist vor zwei Jahren von einer anderen Hausgemeinschaft in die Demenz-Gruppe umgezogen“, sagt Gabriele Kleber aus Mühltal. „Sie fühlt sich dort sehr wohl. Wenn ich sie besuche, treffe ich immer Mitarbeitende an. Und während des Betretungsverbot im Lockdown wusste ich, sie ist dort sehr gut aufgehoben.“

Unsere Fotos zeigen Teamleiterin der Demenzgruppe, Nicole Leß (links), die mit einer Bewohnerin die Balkonkästen bepflanzt und Jutta Labus-Balke und Stefanos Pavlidis bei der Arbeit in der Küche.

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