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Traum von der USA-Reise ging in Erfüllung

23.02.2018 | Marlene Broeckers

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Marlene Broeckers

Texterin der NRD

Traum von der USA-Reise ging in Erfüllung

Für Christoph Wittke, 37, der in der NRD-Wohngemeinschaft am Beethovenring in Seeheim lebt, ging letztes Jahr ein Traum in Erfüllung: Er konnte seine Tante Roswitha in den USA besuchen. Seit er sie vor vielen Jahren bei einem Deutschlandbesuch kenngelernt hat, war Christoph Wittke Amerika-Fan und es war sein größter Wunsch, einmal selbst nach Pocahontas im US-Bundesstaat Arkansas zu reisen, wo seine Tante lebt. Mit Unterstützung von Werner Bloßfeld, einem langjährigen Mitarbeiter, der 2015 in Rente ging, hat das im September 2017 geklappt.

Schon vor fünf Jahren hatte Werner Bloßfeld, der damals im Beethovenring in Seeheim arbeitete, Christoph versprochen: „Wenn ich Rentner bin, fahren wir zusammen in die USA“. Nachdem der Heilerziehungspfleger, der sage und schreibe 42 Jahre in der NRD tätig war, seinen Ruhestand zunächst ein wenig genossen hatte, kam er aufgrund einer Anfrage auf sein Versprechen zurück. Christoph Wittkes Eltern trugen die Reisekosten für ihren Sohn, den Rest übernahm die NRD, denn man dachte, dass diese Reise für Christoph Wittke auch einen hohen pädagogischen Wert haben könnte. Oft hatte er, wenn er sich über etwas ärgerte, erklärt, er werde in die USA auswandern, dort habe jeder ein Schießeisen und er könne sich wehren, wenn ihm etwas nicht passe.                                     

Aufgeschlossene Grundhaltung

Dieses falsche „Idealbild“ könnte, so die Hoffnung, durch ein reales Erlebnis korrigiert und Christoph Wittke dazu motiviert werden, sich anderen Strategien zur Bewältigung von Frust und Konflikten zu öffnen. Werner Bloßfeld war bereit zu dem Abenteuer unter der einzigen Bedingung, dass er die Reise selbst planen könne. Dass er selbst nicht gut Englisch spricht und vorher nie in den USA gewesen ist, stellte für den erfahrenen Pädagogen kein Hindernis dar: „Ich komme überall zurecht. Ich habe eine sehr aufgeschlossene Grundhaltung und keine Angst vor unerwarteten Situationen“, erklärt der Vater von sieben Kindern.

Schon im Januar 2017 begann er mit den Vorbereitungen, bis April hatte er die Reise – dank großartiger Unterstützung durch das Mühltaler Reisebüro – fertig geplant und alle Kosten kalkuliert. 5.000 Euro waren sein Limit, 300 Euro waren nach der Endabrechnung sogar noch übrig. Der Plan war, von Frankfurt nach New York zu fliegen, von dort nach zwei Tagen nach Memphis/ Tennessee weiterzufliegen, dort ein Auto zu mieten und im Vier-Länder-Eck Tennessee, Mississippi, Missouri, Arkansas unterwegs zu sein und drei Tage mit Tante Roswitha zu verbringen.

Alles hat wie geplant funktioniert, nur einmal ging Christoph Wittke für kurze Zeit verloren – und zwar mitten in der Nacht, während sein Begleiter im Tiefschlaf war. Doch erzählen wir der Reihe nach…

Am World-Trade-Center in New York
Am World-Trade-Center in New York

In New York angekommen, erlebten die beiden Reisenden mit der Taxifahrt zum Hotel ihren einzigen touristischen Tiefschlag. Auf der Suche nach einem „Yellow-Taxi“ wurden sie von einem Car-Service abgefangen und für 130 Dollar transportiert: „Das doppelte des normalen Preises, aber was sollte ich machen, ich zahlte“, berichtet Bloßfeld, der dann alle Strecken während der nächsten zwei Tage in New York mit Christoph ca. 25 Kilometer zu Fuß zurücklegte, um das verlorene Geld wieder einzusparen: „Wir hatten ein schönes Hotel mit Blick auf Manhatten und sind überall gewesen. Vom Central Park sind wir bis zur Südspitze Manhattens mit Blick in Richtung Ellis Island gelaufen und haben kreuz und quer alles mitgenommen, einschließlich Trump-Tower, Central Park, Times Square und dem Mahnmal am World-Trade-Center.

15 kalte Stunden

Beim Abflug nach Memphis hatten sie wegen des Wirbelsturms Irma 15 Stunden Verspätung, die sie auf Stühlen frierend im klimatisierten Wartebereich des Flughafens verbrachten – Jacken und Pullover waren in den Rucksäcken und bereits im Flugzeug verschwunden. Hier konnte auch der Service für Menschen mit Handicaps, der überall leicht zu finden war, nur mit zwei leichten Decken helfen. 

Übermüdet und hungrig trafen die Reisenden in Memphis ein, wo sie sich ein tolles Essen gönnten, um anschließend sofort ins Bett zu fallen. Vom lautem Klopfen an die Zimmertür wurde Werner Bloßfeld um Mitternacht wach und stellte fest, dass Christoph verschwunden war. Dieser stand mit zwei Polizisten vor der Tür. Er hatte das Bad aufsuchen wollen und war versehentlich aus dem Zimmer gegangen, dessen Tür hinter ihm zufiel. „Christoph muss eine Zeitlang planlos draußen herumgelaufen sein und das Hotelgelände auch verlassen haben“, erzählt Werner Bloßfeld. „Die Polizisten fanden ihn und konnten dank des Info-Zettels, den Christoph immer bei sich trug, schnell ermitteln, wo er hingehörte. Tja, das gehörte natürlich dazu: der zweisprachige Zettel mit allen Infos zur Person, unseren Hotels während der ganzen Reise und Mobilnummern.“

In Memphis verbrachten die beiden eine tolle Zeit mit Flussfahrt auf dem Mississippi und dem Erleben der Beale Street, dem Zentrum der Schwarzen Musik in den USA, und dem Besuch von Elvis Presleys Haus in Graceland. Ausflüge führten sie in den nächsten Tagen in die Gegend rund um Memphis: „Das war Erlebniskino mit Landschaft, Wind und Wasser, und jeden Tag haben wir ein bisschen von der Kultur der Gegend mitbekommen.“

Wiedersehen mit Tante Roswitha
Wiedersehen mit Tante Roswitha

Während Werner Bloßfeld erzählt, nickt Christoph Wittke meistens bestätigend und sagt gelegentlich: „Jetzt kommt Erinnerung hoch!“ Leichter fällt ihm die Erinnerung, als Werner Bloßfeld das schöne Fotobuch zeigt, welches er für Christoph gemacht hat. Alle wichtigen Momente sind hier im Bild festgehalten, auch das Wiedersehen mit Tante Roswitha, die in sehr bescheidenen Verhältnissen in einem einfachen Holzhaus in Pocahontas lebt. Vor 40 Jahren ist sie aus Deutschland dorthin gezogen und lebt hier mit ihren beiden erwachsenen Söhnen, die mit Hilfsarbeiten ein bisschen Geld verdienen. Beim Essen in der Pizzeria, wohin die Gäste sie eingeladen hatten, gestand die Tante, dass sie zum ersten Mal auswärts esse, seit sie in Pocahontas lebe.

Das Amerika-Bild von Christoph Wittke ist durch diese Eindrücke zurechtgerückt worden. Die USA sind keineswegs ein Traumland. Seiner Tante und seinen Cousins fehlt das Geld, um in eine bessere Gegend umzuziehen, wo man vielleicht zum Essen auch einmal ein Bier bestellen kann. Im gesamten County (vergleichbar mit einem Landkreis hierzulande) ist Alkoholverkauf verboten. Christoph Wittke hat jetzt auch verstanden, dass es nicht reicht, „Good morning!“ zu sagen, um ein Gespräch auf Englisch führen zu können.

Im Fotobuch ist Musik drin

Fastfood im Einkaufszentrum von Jonesboro
Fastfood im Einkaufszentrum von Jonesboro

Von Jonesboro / Arkansas Tennessee, wo sie während des Besuchs bei Tante Roswitha Station gemacht hatten, fuhren die beiden schließlich zurück nach Memphis, um von dort über Detroit die Heimreise nach Frankfurt anzutreten. „Es war eine absolut gelungene Sache“, so Werner Bloßfelds Bilanz. Christoph Wittke nickt heftig dazu. Und jetzt schauen beide sich zusammen noch einmal alle Bilder von ihrer Reise an. Auf der letzten Seite hat Werner Bloßfeld einige QR-Codes eingefügt und erklärt Christoph, wie er diese mit seinem Smartphone einscannen kann, um dann das Video zu sehen und die Musik zu hören, die sie auf der Beale Street in Memphis live erlebt haben.

„So etwas kann ich in Zukunft auch mit anderen Klienten machen“, meint Werner Bloßfeld, „man kann ja auch mal überlegen, ob man nicht Sponsoren findet, die Menschen mit Behinderung ein so besonderes Erlebnis ermöglichen möchten.“

Keine schlechte Idee! Überhaupt muss man den Einsatz von Werner Bloßfeld loben, der bereit ist, eine neue Form des Ehrenamtes zu etablieren: Qualifizierter Rentner setzt seine Freizeit dafür ein, Menschen mit Beeinträchtigung auf Reisen zu begleiten.

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  • Inklusion...

    ... heißt für mich, dass alle teilhaben. Es muss nicht immer alles perfekt sein, damit behinderte Menschen teilhaben können. Statt einer Super-Rampe tut es auch ein Stück Sperrholz. Und wenn das auch fehlt, kann man mich auch gerne mal über die Schulter werfen und irgendwo hinein tragen.

    Inklusion...
    Tobias Koch
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