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Wie mich die Flüchtlingsproblematik im Krankenhaus einholte

17.11.2015 | Frank Golnik

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Frank Golnik

Frank Golnik ist Mitarbeiter der Servicenzentrale der NRD in Mühltal

Wie mich die Flüchtlingsproblematik im Krankenhaus einholte

Ich war neulich leider im Krankenhaus gelandet, ein Malheur am Bein, wie' s halt   manchmal mal so geht im Leben. Mein neues Zuhause sollte die nächsten Tage ein anderes sein als das gewohnte. Schnell im „alten Zuhause“   das Nötige gepackt und dann ab durch die Mitte, denn der Tropf mit Antibiotika wartete schon auf mich. Im Hospital angekommen, bezog ich mein Krankenquartier. Neben mir schlief jemand ruhig vor sich hin, aber ich konnte weder sein Alter erkennen, noch, was dem „Kollegen“ denn fehlen könnte. Augenscheinlich aber nichts Lebensbedrohliches, auch war nichts von einem Gips zu sehen, oder irgendetwas, das hätte weiteren Aufschluss über ihn, oder sein Gebrechen hätte geben können. Es dauerte aber nicht lange, der Zimmernachbar wurde wach und meine Neugier befriedigt. Wie ich sich herausstellte, kam der Mitpatient aus Syrien und ein Gespräch mit Händen, Füßen und auch Mund begann, soweit wir mit etwas Englisch eben kamen.

Es war für mich die erste Bekanntschaft mit einem Syrer, der aufgrund des anhaltenden Terrors in seinem Land nach Deutschland geflüchtet ist; der sein „altes Zuhause“ zurückgelassen hat, vielleicht für immer. Er hatte er als Designer für Jeansbekleidung gearbeitet, erklärte er mir. „Aber wenn täglich Bomben auf dich fallen, oder dein Haus beschossen wird, ist ein Leben und Arbeiten nicht mehr möglich.“

Jetzt ist er nach vierjähriger Reise vor einigen Wochen in Mühltal angekommen und wartet hier darauf, dass über seinen Antrag auf Asyl entschieden wird. So wie ich ihn verstanden habe, wird dies sogar noch in diesem Jahr passieren, was ihm natürlich sehr zu wünschen ist. Zurzeit lebt er, und mit ihm noch weitere ca.130 Flüchtlinge, in einem umfunktionierten, ehemaligen Hotel in Trautheim und wird auch   so lange dort leben, bis sein Antrag, wie auch immer, beschieden ist.

Er hat einen Bruder der schon seit zehn Jahren in Deutschland lebt, als Arzt praktiziert und mit einer Deutschen verheiratet ist. Bei ihnen könnte er zunächst wohnen, um von dort aus sein Leben neu zu beginnen. In der Zwischenzeit ist für ihn das „Deutsch Lernen“   das Wichtigste, sagt er. Denn ohne Verständigung geht nichts. Das weiß er, und das sagten auch die Menschen aus Syrien, die ich nach meiner Entlassung aus dem Krankenhaus und einem ersten Besuch seines „Zuhause auf Zeit“, kennengelernt habe. Ich hatte ihm nämlich zugesagt, ihn nach meiner eigenen Genesung zu besuchen, auch um seine syrischen Landsleute kennen zu lernen. Ich wollte mir nach Möglichkeit selbst ein Bild über das machen, was uns alltäglich, Woche um Woche in den Nachrichten vorgeführt wird, aber im eigenen, realen Leben noch gar nicht so richtig existent und angekommen zu sein scheint. Jedenfalls mir persönlich ging es so.

Ich hatte die Flüchtlingsströme aus dem Fernsehen und das Bild der Zelte vor der Starkenburgkaserne in Darmstadt im Kopf, als ich mich zum „Hotel“ aufgemacht hatte.

Das Hotel, das jetzt ein „Flüchtlingsheim“ ist. Viel mehr hatte ich ja zu dem Thema nicht.

Mein erster Eindruck war dann, als ich ankam hinein ging, das es sehr ruhig und friedlich wirkte, und man merkte auch irgendwie sofort, das es auch „RUHE“ ist, was diese Menschen wollen und brauchen. Obwohl ja „voll ausgebucht“, sah und hörte man recht wenige Menschen vor oder im Haus.  

Mein Zimmerkollege aus dem Krankenhaus wohnt dort mit drei weiteren jungen Syrern im Alter von 22-46 in einem kleinen Zimmer. Er selbst ist 30 und alle haben die gleiche Odyssee hinter sich gebracht. Mit dem Boot über das Mittelmeer nach Griechenland und dann weiter über die Nachbarstaaten hierher, nach Deutschland. Viele der Menschen im Haus haben noch Familie in anderen Teilen Europas und versuchen natürlich, auch mit diesen wieder zusammen zu kommen. Das wird aber in vielen Fällen nicht einfach sein und die Betroffenen werden einen langen Atem und Geduld haben müssen.

Unterstützung bekommen die Bewohner des Hotels in der Zwischenzeit überwiegend von freiwilliger Seite, insbesondere von freiwilligen Helfern der Initiative „Netzwerk Asyl“, oder auch von der Kleiderkammer des Deutschen Roten Kreuzes direkt vor Ort. Mittlerweile soll auch eine hauptamtliche Sozialarbeiterin, oder ein Sozialarbeiter der Gemeinde für die Betroffenen direkt täglich ansprechbar sein, was angesichts der einzelnen Schicksale und persönlichen Erlebnissen auch sicher nötig und hilfreich sein wird. Alle sind sehr, sehr dankbar und froh, hier so aufgenommen worden zu sein und sind hochmotiviert, die deutsche Sprache zu lernen. Deshalb ist der persönliche Kontakt zwischen „Altbürger“ und „Neubürger“ umso wichtiger und hilft allen mit dieser ungewöhnlichen Situation dauerhaft besser zurechtzukommen.

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  • Inklusion...

    ...bedeutet für mich, dass man alle Menschen wieder mehr zusammenführt. Wenn alle aufmerksam und hilfsbereit miteinander umgehen, dann geht es allen auch seelisch besser. 

    Inklusion...
    Virginia Dindore
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