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Zum 50. Mal nach Inzell

06.08.2016 | Marlene Broeckers

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Marlene Broeckers

Texterin der NRD

Zum 50. Mal nach Inzell

Elvira Hötzel, 54, feiert im August ihr 30-jähriges Dienstjubiläum im Reinigungsservice der NRD. Sie kann sich an alle Stationen ihrer Ausbildung und ihres beruflichen Einsatzes mit Tag und Datum erinnern. Auch das Unrecht, das sie als Kind in den Heimen erlitten hat, ist nicht vergessen. Eine Entschädigung von staatlicher Seite steht für sie wie für die ehemaligen Heimkinder in Behinderteneinrichtungen noch aus.

Elvira Hötzel wurde in Frankfurt am Main in schwierige Familienverhältnisse geboren und mit sechs Jahren von einer Fürsorgerin ins Kinderhaus Eben-Ezer der damaligen Nieder-Ramstädter Heime gebracht. Im Buch „Aussortiert. Ein Leben außerhalb der Gesellschaft“ hat sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Thomas Hötzel über ihre Zeit in den Heimen in dem Kapitel „Wir lieben uns seit über 30 Jahren“ berichtet, ihre schlimmsten Erfahrungen aber haben beide nur anonym ins Buch einfließen lassen.

„Nach der Schulzeit wollte ich gern draußen arbeiten“, berichtet sie, „mein Traumberuf war Malerin. Ich streiche sehr gern, ich kann auch gut basteln, da bin ich sehr begabt.“ Über den Internationalen Bund (IB) machte sie ein Praktikum in einem Malerbetrieb, „sechs Monate, das hat mir Spaß gemacht. Der Chef dort hat mich angeschnauzt, weil ich mal was falsch gemacht habe. Wenn er nicht da war, habe ich super gearbeitet.“

Es stellte sich heraus, dass sie aufgrund asthmatischer Beschwerden nicht mit Farben arbeiten konnte, deshalb absolvierte Elvira Hötzel beim IB eine zweieinhalbjährige Ausbildung als Helferin in der Hauswirtschaft. Danach begann sie in einem Lokal in Ober-Ramstadt zu arbeiten, wo ihr Freund Thomas ebenfalls tätig war. „Das hat auch nicht so gut geklappt, deshalb habe ich im August 1986 im Reinigungsdienst der NRD angefangen. Anni Rose und Viola Weiß haben mich angeleitet. Mit Anni Rose kam ich besonders gut aus. Sie hat mich als erstes gefragt: Elvira, was kannst du am besten? Da habe ich gesagt: Handtücher!“

In der Wäscheverteilung, wo die Wäsche aus der Reinigung angeliefert wurde, faltete sie die Handtücher und ordnete sie nach Farben den einzelnen Häusern zu, anschließend ging es zum Putzen. „Ich habe von 7 bis 16 Uhr gearbeitet und ich hatte auch samstags Dienst“. Sie reinigte im Haus Eben-Ezer, später im Keller und verschiedenen Wohngruppen im Haus Bodelschwingh. 1999 wechselte sie ins Haus Arche und reduzierte aus gesundheitlichen Gründen ihre Arbeitszeit auf vier Stunden. Bis heute ist sie dort tätig, seit dem Jahresbeginn nur noch für zwei Stunden täglich. „Das bekommt mir gut, mir geht es jetzt gesundheitlich viel besser.“

Ihre Arbeitszeit ist von 8 bis 10 Uhr. Dass ihr Tag montags bis freitags schon um 3:30 Uhr beginnt, hat einen anderen Grund: Elvira bringt ihren Mann, der seit 24 Jahren im Realmarkt an der Eschollbrücker Straße in Darmstadt tätig ist, im Bus zur Arbeit. „Ich habe einen Schwerbehindertenausweis und kann eine Begleitperson umsonst mitnehmen“ erklärt sie mit schelmischem Lächeln. „Wenn ich mitfahre, spart Thomas also die Fahrkarte. Das macht 90 Euro im Monat aus. Das sparen wir für unseren Urlaub.“

Um 4:20 Uhr verlässt das Ehepaar Hötzel morgens die Trautheimer Wohnung, um den Bus um 4:50 zu erwischen. Um 6 Uhr ist Elvira wieder zuhause und legt sich noch ein Stündchen in den Sessel, bevor sie selbst zur Arbeit aufbricht. Nachmittags um 14:50 Uhr steht sie wieder an der Bushaltestelle, um ihren Schatz abzuholen. „Das würde ich nicht für jeden machen. Das mache ich nur für ihn“.

Für ihn macht sie noch viel mehr: Zum Geburtstag, zum Hochzeitstag, zu Ostern und zu Weihnachten kauft sie schöne Karten und Bücher mit guten Wünschen, in die alle Menschen, die sie mag, ihre Namen hineinschreiben müssen. Entweder „Für Thomas“ oder „Für Thomas und Elvira“. Damit macht sie ihrem Schatz und auch sich selbst eine Freude.

„Ich weiß das zu schätzen“, sagt Thomas Hötzel, „Elvira ist meine große Liebe, und wenn sie einen Wunsch hat, erfülle ich ihn“. Dass sie seit 1998 in einer eigenen Wohnung zusammen leben, ist ihr größtes Glück. Der einzige Wermutstropfen: „Wir müssen für die Unterstützung des Betreuten Wohnens monatlich 400 Euro bezahlen, das ist ziemlich teuer“. Die Wohnung putzen sie freitags gemeinsam: Elvira macht Bad und Toilette, Thomas putzt Küche und Wohnzimmer, das Schlafzimmer machen beide zusammen.

Die schönste Zeit des Jahres verbringen die beiden im oberbayerischen Inzell. 2016 sind sie sage und schreibe zum 50. Mal im Alpenhotel „Bayerischer Hof“ zu Gast, wo sie als Stammgäste natürlich längst einen Sonderpreis zahlen. Gute Bekannte dürfen sich im Juni wieder auf „liebe Grüße aus Inzell“ von den Hötzels freuen. Zum Dienstjubiläum gratulieren wir Elvira Hötzel aufs Herzlichste und wünschen ihr eine schöne Feier!

2  Kommentare

  • Shirley
    07.08.2016 08:48 Uhr

    Ich kenne die beiden Persönlich,es sind die herzlichsten Menschen die ich kenne. Ich habe die Ausbildung als Hauswirtschafterin von 2007 bis 2010 absolviert in der NRD und auch ein paar mal mit Frau Hötzel zusammen gearbeitet. Es sollten noch mehr solcher Beiträge veröffentlicht werden. Lg

  • Gerda Diehl
    29.09.2016 07:06 Uhr

    Auch ich kenne Thomas und seine Frau Elvira.
    Die beiden sind wirklich zwei ganz liebenswerte Menschen.
    Thomas war ein langjähriger sehr hilfsbereiter Arbeitskollege meines leider verstorbenen Mannes.
    Auch er hat ihn immer sehr geschätzt.
    Für ihre Zukunft wünsche ich den beiden alles erdenklich Gute und ganz viel Gesundheit.
    Lieben Gruß
    Gerda Diehl mit Anna-Lena

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  • Inklusion...

    ... finde ich sehr gut. Wenn Kinder von Anfang an zusammen sind und nicht auseinandersortiert werden, gewöhnen sich alle aneinander und können lernen, sich gegenseitig zu helfen. 

    Inklusion...
    Horst Enzmann
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