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Partner für psychisch kranke Menschen

29.03.2016 | Marlene Broeckers

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Marlene Broeckers

Texterin der NRD

Partner für psychisch kranke Menschen

Als „Dieburger   Projekt“  startete die heutige Reha-Werkstatt für Menschen mit psychischer Behinderung im Jahr 1987 mit  sechs Rehabilitanden in einer Zwei-Zimmer-Wohnung in Dieburg.   Umbenannt in „Dieburger Modell“, wurde das Projekt 15 Jahre später bei einem Kongress des Bundesministeriums für Arbeit vorgestellt. Der Modellcharakter lag in der engen Anbindung an den allgemeinen Arbeitsmarkt. Dies ist bis heute ein Markenzeichen der Reha-Werkstatt, die seit Ende 2015 in neuen Räumen in Münster untergebracht ist. Im Juni diesen Jahres wird die Werkstatt mit Kooperationspartnern und Gästen offiziell eröffnet.

50 Beschäftigungsplätze bietet die Reha-Werkstatt, die ein Teil der Dieburger Werkstätten der NRD ist. Sie teilen sich auf in 35 interne Plätze am neuen Standort Darmstädter Straße   81 in Münster und   externe Plätze bei den kooperierenden Firmen. Dies sind von Anfang an die OLTG – das Ersatzteillager der VW Gruppe und die Firma Senator in Groß-Bieberau. Dort sind die Klienten begleitet von Gruppenleitern der Reha-Werkstatt tätig.

Dass nicht jeder psychisch kranke Mensch in der Lage ist, in einer „normalen“ Firma zu arbeiten, wurde bereits im Jahr der Gründung erkannt. „Ein Teil der Rehabilitanden ist phasenweise oder dauerhaft auf ein konventionelles Werkstattangebot angewiesen“ heißt es im Rückblick auf die Geschichte der Reha-Werkstatt. Schon 1987 wurde also einen „interner Bereich“ ergänzt. Das erste Domizil war die Benzstraße 17 im Dieburger Industriegebiet Nord. Der Zuwachs an Klienten machte einen Umzug in die Benzstraße 4 notwendig. Dieser Standort wurde Ende 2013   geschlossen mit dem Ziel, ein geeigneteres Werkstattgebäude zu suchen. Dies gelang nach der Übernahme durch die NRD. Zwischenzeitlich befanden sich die Räumlichkeiten der Reha-Werkstatt im Werk 1 in Dieburg. Dem Tipp eines Mitarbeiters der Dieburger Werkstätten ist es zu verdanken, dass der neue Standort in Münster gefunden wurde. Die Firma CBL-Richtfunktechnik in der Darmstädter Straße 81 hat die Fertigung aufgegeben und nutzt das untere Stockwerk des Gebäude für den Vertrieb von Richtfunktechnik. Dadurch wurde das 1. Obergeschoss frei, das einige Entwicklungsmöglichkeiten bietet. 20 der insgesamt 35 Plätze sind bislang belegt, doch Leiterin Katja Merten hat keine Sorge, dass das Haus nicht voll wird: „Unser Angebot ist wirklich gut, wir bieten mehr als manch anderer Träger.“

Das fängt schon beim Praktikum an: „Es dauert bei uns vier Wochen, nicht nur zwei oder fünf Tage“, so Merten, „Interessenten erhalten bei uns die Möglichkeit, zwei Wochen den   internen Bereich im Rahmen des Praktikum kennenzulernen und können anschließend noch   zwei Wochen eine unserer ausgelagerten Arbeitsgruppen mitzuarbeiten.   Da kann man sich wirklich ein Bild machen und hat die Grundlage für eine gute Entscheidung.“

Ein weiterer Vorzug ist, dass Klienten des Berufsbildungsbereichs die Unterrichtsblöcke an der Berufsschule Dieburg absolvieren können: „Wir arbeiten sehr gut mit den Berufsschul-Lehrkräften zusammen“, sagt Katja Merten, „und diese sind sehr engagiert dabei, die Rehabilitanden in die richtige Richtung zu begleiten.“

Und schließlich: Die guten Kontakte zu Firmen in der Umgebung, die Praktika ermöglichen und Chancen auf ein betriebsintegriertes Beschäftigungsverhältnis bieten.

Dass die Reha-Werkstatt um Nachfrage nicht bangen muss, hat auch den Grund, dass psychische Erkrankungen in unserer Gesellschaft zunehmen. Dies belegen die Daten aller gesetzlichen Krankenkassen. So ist beispielsweise die Zahl der Frühberentungen aufgrund psychischer Erkrankung in den letzten 20 Jahren von 15,4 Prozent auf über 43 Prozent gestiegen.

Gertrud Fertig, 60, ist schon seit 21 Jahren Klientin der Reha-Werkstatt. Anfang der 1990er Jahre ging ihre Ehe in die Brüche und sie geriet in eine schwere Krise. „Ich komme aus keinem guten Elternhaus, ich habe keinen Kontakt zu meinen Eltern und Geschwistern. Die Scheidung hat dann alles zum Einsturz gebracht. Ich hatte Suchtprobleme, Angst und epileptische Anfälle“, berichtet sie. Viele Monate hat sie damals in einer Reha-Einrichtung und in der Psychiatrie verbracht, bevor sie in eine eigene Wohnung ziehen konnte. Seit 22 Jahren lebt sie in Groß-Zimmern, bis heute wird sie von einer Psychologin der Psychiatrie Heppenheim durch eine Gesprächstherapie begleitet. „Das hat mir sehr geholfen“, sagt Gertrud Fertig, „Ich habe viel gelernt und mich verändert. Inzwischen fahre ich nur noch alle drei Monate nach Heppenheim.“

Viele Jahre hat sie in der ausgelagerten Arbeitsgruppe bei OLTG gearbeitet, seit 2004 aber hat sie einen internen Arbeitsplatz. „Mir wurde das draußen zu viel“, sagt Gertrud Fertig, „die vielen Menschen und Geräusche haben mich belastet. Hier in der Werkstatt kann ich jetzt in Ruhe arbeiten. Ich habe noch vier Jahre vor mir, dann kann ich in Rente gehen.“

In Münster sitzt sie in einem kleinen Raum für sich. Zurzeit setzt sie Einzelteile für die Autoindustrie zusammen, fertigt Reinigungstücher oder faltet Matratzenüberzüge aus Kunststoff. Ihr gefällt die Arbeit und sie mag das Essen: „Es ist alles gut. Die Reha-Werkstatt hat eine sehr gute Lage, Busse fahren direkt vor der Tür ab, rundherum kann man gut einkaufen und gegenüber ist das Hallenbad“.

Letzteres soll bald auch wieder in den arbeitsbegleitenden Maßnahmen auftauchen, die Katja Mertens derzeit neu konzipiert: „Neben Sport soll es auch Entspannungs- und Kreativangebote geben. Und ganz wichtig: Bewerbungstraining.“ Ein Vorzug des Standorts ist auch die Nähe zum Zentrum für seelische Gesundheit in Groß-Umstadt. Dort befindet sich seit einigen Jahren auch die Psychiatrische Instituts-Ambulanz (PIA), eine wichtige Adresse für viele KlientInnen, die früher bis nach Heppenheim oder Darmstadt fahren mussten.

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  • Inklusion...

    ... heißt für mich, dass alle teilhaben. Es muss nicht immer alles perfekt sein, damit behinderte Menschen teilhaben können. Statt einer Super-Rampe tut es auch ein Stück Sperrholz. Und wenn das auch fehlt, kann man mich auch gerne mal über die Schulter werfen und irgendwo hinein tragen.

    Inklusion...
    Tobias Koch
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